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Bilal – Geschichte einer Flucht

Bilal wurde Anfang 1996 in Qamishli, im Norden von Syrien geboren. Er ging dort in die Schule, machte 2012 am Gymnasium Alssaeda in Qamishli sein Abitur und fing ein Jura-Studium an. Daneben arbeitete er als Fotograf und Journalist bei United Media Free in Qamishli. Als er zum Militärdienst einberufen wurde, und zwar zur kurdischen wie auch zur syrischen Armee, entschloss er sich, auch auf Anraten seiner Familie, zur Flucht. Am 9. August 2015 packte er seinen Rucksack und floh zusammen mit sechs kurdischen Freunden über die Grenze in die Türkei. Durch Unterstützung von Verwandten und Freunden erreichte er am 9. September südlich von Izmir das Mittelmeer.

"Von meinem Vater hatten wir Geld für die Flucht bekommen. Ich musste einen türkischen Polizisten bestechen und einem syrischen Vermittler 1000 Dollar bezahlen, um einen Platz auf einem Motorboot zu bekommen. Von drei Uhr nachts bis zur nächsten Nacht 12 Uhr warteten wir auf das Boot. Tagsüber versteckten wir uns vor den Polizisten, nachts vor der Wasserpolizei. Als das Boot endlich kam, stiegen 60 Menschen ein, Männer, Frauen und Kinder. Nach einer halben Stunde Fahrt ging der Motor kaputt. Es waren zu viele Leute im Boot. Wir riefen mit dem Mobiltelefon den Schlepper an und verlangten ein intaktes Boot. Schließlich kam ein anderes Boot und nahm uns zurück an den Strand von Izmir. Kurz vor dem Strand bemerkten wir, dass die Polizei da war. Wir mussten in völliger Dunkelheit das Boot verlassen und in kleinen Gruppen an Land kommen und uns vor der Polizei verstecken. Von 60 Personen kamen nur 20 zurück. Das lag sicher auch an den Autoschläuchen, die man von den Schleppern kaufen und als Rettungsringe benutzen konnte. Mein Cousin und ich hatten zum Glück noch genug Geld gehabt, um uns solche Schläuche zu kaufen. Drei syrische Jugendliche hatten einen kaputten Schlauch gekauft. Innerhalb einer Stunde verlor er die Luft. Und Geld hatten sie keins, um sich einen zweiten zu kaufen. Ein Syrer aus unserer Gruppe hatte welche am Strand gefunden. Er weigerte sich jedoch, einen davon diesen Jungen zu geben. Mein Cousin wurde so wütend, dass er sagte: „Wenn du diesen Jungen keinen Schlauch gibst, dann töten wir dich!“ Diese Drohung wirkte. Die Flüchtlinge, die kein Geld mehr gehabt hatten, sich einen Autoschlauch zu kaufen, verschwanden im Meer.

Um drei Uhr waren wir wieder an dem Strand, von dem wir aufgebrochen waren. Wir versteckten uns hinter den Büschen vor der Wasserpolizei. Die Bilder von den Ertrunkenen verfolgten mich. Wir hatten überlebt, weil wir genug Geld hatten. Diejenigen, die keines mehr hatten, waren ertrunken. Die nächste Nacht verbrachten wir wieder am Strand. Wir machten ein Feuer, um uns zu wärmen. Ich war müde. Ich wollte sterben. Um drei Uhr nachts weckte mich mein Cousin. „Komm, steh‘ auf“, sagte er, es kommt ein anderes Boot.“ Ohne ihn hätte ich aufgegeben, ohne ihn wäre ich jetzt nicht hier. Wir stiegen also wieder in ein Motorboot. Diesmal kamen wir kurz vor die Küste von Samos. Dann ging das Benzin aus. Inzwischen drang Wasser in das Boot ein. Die meisten Menschen warfen ihr Gepäck ins Wasser. Ich machte es anders. Ich ließ mein Gepäck im Boot und sprang selbst ins Wasser. Ich musste etwas aus Syrien mitnehmen, eine Verbindung zu meiner Heimat, damit ich in der Fremde wieder Wurzeln schlagen konnte. Dazu muss man wissen, dass ich und die meisten anderen Flüchtlinge nicht schwimmen konnten. Aber ich hatte größere Angst, meine Erinnerungen zu verlieren als vor dem Wasser. Außerdem hatten wir zwei Autoschläuche gekauft, der eine verlor die Luft, doch der andere war dicht. Dieser bewahrte uns vor dem Ertrinken. Wir sendeten einen Notruf an die griechische Küstenwache, die uns rettete. In Samos nahm uns die Polizei in Empfang und brachte uns nach Athen.“ *

Von dort aus schlug sich Bilal über Mazedonien nach Serbien durch. Nachdem die ungarische Grenze dicht war, versuchten sie nach einigen endlosen Tagen und Nächten der Ungewissheit über die kroatische Grenze und über Slowenien nach Österreich zu kommen, was auch schließlich gelang. Über Wien ging es dann mit dem Bus weiter nach Passau. Weiter ging seine Odyssee in Deutschland über Dortmund, Düren, Münster nach Karlsruhe. Dort hat er sehr schlechte Erfahrungen in der Außenstelle des BAMF gemacht. Am 10. November 2016 kam er nach Ludwigsburg, in eine Turnhalle am Römerhügel im Berufsschulzentrum.

„Ich war froh, in Deutschland zu sein, aber in der Turnhalle am Römerhügel konnte ich nicht bleiben. Ich suchte sofort im Internet nach einer Wohnung, erfolglos. Als nächstes suchte ich nach einem Zimmer in einer Wohngemeinschaft – und ich hatte Glück.“ *

Bilal ist ein sehr aufgeschlossener und kontaktfreudiger junger Mann, der sich schon in Pflugfelden einer Nordic-Walking-Gruppe anschloss, dann Kontakt mit der Theatergruppe „Theater unter der Dauseck“ aufnahm und sich in verschiedenen Projekten engagierte. Und so kam er auch im Frühsommer 2017 zur Ludwigsburger terre des hommes-Gruppe, wo er sich seither mit vielen Ideen und tatkräftiger Unterstützung sehr engagiert einbringt. Seine Geschichte hat Regina Boger von den „Ludwigsburger Stadtschreiberinnen“ mit Unterstützung von Karl und Rose Herrigel aufgeschrieben und kann unter folgendem Link nachgelesen werden.

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